NAO

„Ot (Licht, Luft, Leben)“ Acrylfarbe und Bleistift auf Graukarton, 40x60cm , undatiert ca. 2004

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„Salome“ Acrylfarbe und Bleistift auf Graukarton, 4 Teile, 200 x 140 cm, 2002

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„Homo Sapiens im Paradies“ Acrylfarbe und Bleistift auf Graukarton, 4 Teile, 

200x140 cm, 2007

„Der Versuch“ Acrylfarbe und Bleistift auf Graukarton, 2 Teile, 100 x 140 cm, undatiert ca. 2004

OT Acrylfarbe und Bleistift auf Graukarton, 100x70cm, 2001

„Salome“ Acrylfarbe und Bleistift auf Graukarton, 4 Teile, 200 x 140 cm, 2002

„OT (Synapsen)“ Acrylfarbe und Bleistift auf Graukarton, 70x50cm, 2002

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Saturn ist der Hüter der Schwelle


Die Arbeit „Salome“ von NAO beeindruckt auch ohne die Kenntnis der ihr zugrunde liegenden biblischen Geschichte. Gleichwohl hilft sie zur Erschließung des Bildes:

„Herodes hatte nämlich Johannes festnehmen und in Ketten ins Ge- fängnis werfen lassen. Schuld daran war Herodias, die Frau seines Bru- ders Philippus. Denn Johannes hatte zu Herodes gesagt: Du hattest nicht das Recht, sie zur Frau zu nehmen. Der König wollte ihn deswegen töten lassen, fürchtete sich aber vor dem Volk; denn man hielt Johannes für einen Propheten. Als aber der Geburtstag des Herodes gefeiert wur- de, tanzte die Tochter der Herodias vor den Gästen. Und sie gefiel Hero- des so sehr, dass er schwor, ihr alles zu geben, was sie sich wünschte. Da sagte sie auf Drängen ihrer Mutter: Lass mir auf einer Schale den Kopf des Täufers Johannes herbringen. Der König wurde traurig; aber weil er einen Schwur geleistet hatte, noch dazu vor allen Gästen, befahl er, ihr den Kopf zu bringen. Und er ließ Johannes im Gefängnis enthaupten. Man brachte den Kopf auf einer Schale und gab ihn dem Mädchen und sie brachte ihn ihrer Mutter.“ (Mt 14, 3-11)

Zunächst fällt die ungewöhnliche Größe der feingliedrigen Zeichnung auf. Überlebensgroß schälen sich die Figuren aus einem Strich für Strich gearbeiteten Hintergrund. Zentral in der Mitte des Bildes die bereits entschleierte Salome mit weit geöffnetem Geschlecht und einem Fisch im Bauch, aus übergroßen Augen schaut sie den Betrach- ter ungerührt an, rechts die Verführerin Herodias als schwangere Frau

mit männlichem Geschlecht. Sie ist kopflos dargestellt, das Feuer in ihrem Bauch können auch die Tränen des in der Schulter positionier- ten Auges nicht löschen. Links trägt der Sklave bereits die Schale mit dem Haupt Johannes des Täufers. Wie aus Salomes rechter Hand gefallen, liest man daneben die Begriffe: Weltgeschichte, Wahrheit, Liebe, Krankheit, Geschlecht, Kinder, Leben, Klarheit.

Das Leben von NAO schien einen erfolgreichen Verlauf zu nehmen: Abitur, Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau, Jobs in der Modebran- che, Studium zur Betriebswirtin, Repräsentantin einer großen Firma. 1982 ein erster Suizidversuch. Sie überlebte nur knapp, innerlich wie äußerlich verletzt. Es folgten lange Zeiten der Depression, unterbro- chen von kürzeren manischen Episoden, weitere Versuche sich das Leben zu nehmen, viele Psychiatrieaufenthalte.

Anfang 2000 fand sie zum Atelier von Vitos Rheingau und, wie sie selbst sagt, zu einer neuen Form der „Sprache“ in der Zeichnung. Ihre Arbeiten bewegen sich im Spannungsbogen zwischen den eigenen leidvollen Lebenserfahrungen und ihren Wünschen und Visionen. Ihre aufwendigen Zeichnungen auf meist mit Acrylfarben vorgrun- dierten Bildträgern thematisieren ihre ganz persönliche Auseinan- dersetzung mit den elementaren Dingen des Lebens: Geburt, Tod, Sexualität, Schwangerschaft, Altern, Krankheit, Körperlichkeit. Nao arbeitete zwischen 1999 und 2007 periodisch sehr intensiv im Atelier. Arbeiten von NAO befinden sich in der Sammlung Turhan Demirel.

© Vitos Rheingau Atelier + Helmut Mair