»Sehr geehrter Herr Doucet,
Was ich Ihnen schicke, ist die ungeschmückte und wahre Beschreibung einer Reise in die interstellaren Berge, in eine unerforschte Gegend, in das Hinterland des Himmels sozusagen, wo die Gewalten und Formen dessen entspringen, was man Geist und Leben nennt...in diesen unendlichen Ebenen galoppiert der Atem ungebunden und frei wie ein Steppenpferd«
aus: Blaise Cendrars: »Im Hinterland des Himmels - Zu den Antipoden der Einheit« Übersetzung Giò Waeckerlin Induni
Blaise Cendrars - „L‘Eubage“
Nur kurze Zeit nach seiner Kriegsverletzung (der Amputation seines rechtes Armes, seiner Schreibhand), nur fünf Jahre nach seinem Aufbruch in die poetische Moderne schrieb der Schweizer Blaise Cendrars, alias Frédéric Louis Sauser aus La Chaux-de-Fond, im Sommer 1917 in einer abgeschiedenen Scheune in Frankreich seinen »Text L‘Eubage - Aux antipodes de l‘unité«. Das kurze poetische Protokoll mit dem deutschen Titel ,Im Hinterland des Himmels‘ beschreibt die interstellare Reise des ,Eubage‘, eines keltischen Urpriesters, in zwölf kurzen Kapiteln, die dem Zyklus der Monate entsprechen und durch ein ebenso phantastisches wie hoffnungsträchtiges Weltall führen.
Blaise Cendrars und das Atelier von Vitos Rheingau
Seit vielen Jahren nutzen Klienten, Künstler, und Besucher des Ateliers diesen Text von Blaise Cendrars als Anregung für ihre bildnerische Auseinandersetzungen. 2007 entstand eine kleine Serie von Tiefdrucken. Sie war 2008 erstmalig als Block in einer größeren Übersichtsausstellung zu sehen. 2011 fand in erweiterter Form eine eigene Ausstellung noch unter dem Titel „Im Hinterland des Himmels“ statt. 2011 und 2012 erarbeitete der Schweizer Regisseur und Schauspieler Matis Hönig gemeinsam mit Klienten des Ateliers das musikalisches Kammerspiel „Abhauen - Ins Hinterland des Himmels - Latschen“
Blaise Cendrars und die Walkmühle
Im Rahmen des spartenübergreifenden Kulturfestivals »Texte, Töne & Tableaus«, wurden 2013 im Künstlerverein Walkmühle mehrere Theaterstücke zu und über Blaise Cendrars aufgeführt. Das Festival stand unter der Schirmherrschaft von Jean Christophe Amman und wurde von der Schweizerischen Vertretung in Frankfurt unterstützt. Ungefähr 400 Drucke aus der Beschäftigung mit Cendrar’s, arrangiert nach den Sternbildern, die in Cendrar’s Texten eine Rolle spielten waren Ausstellung und Bühnenbild zugleich für das eigens im Atelier entwickelte musikalisches Kammerspiel „Abhauen - Ins Hinterland des Himmels - Latschen“
Blaise Cendrars und Bern
Der weltreisende Cendrars lebt in den Jahren 1907 bis 1909 in Bern. Hier macht er seine Matura und immatrikulierte sich an der Medizinischen und Philosophischen Fakultät. Blaise Cendrars kannte die Berner psychiatrische Klinik Waldau. War er hier im Rahmen der Finanzierung seines Studiums als Aushilfskraft tätig? Oder war er gar Klient der Waldau? Geht das Sanatorium und Irrenhaus Waldensee in der Schweiz, in dem sein Roman »Moravagine« beginnt, auf persönliche Erfahrungen in der Waldau zurück?
2014 wurde eine nochmals erweiterte Auflage der Druckproduktion mit ca. 450 Exponaten unter dem Titel »AntiAntiPoden« im Schweizerischen Psychiatrie Museum Bern ausgestellt. Ergänzt wurde die Ausstellung durch eine Videoinstallation der Theateraufführungen zu »Abhauen- ins Hinterland des Himmels- Latschen«, thematisch passende Arbeiten aus der Sammlung des Ateliers und mit Lesungen bekannter Berner Literaten zu Texten aus Blaise Cendrar’s Werken.
© Vitos Rheingau Atelier + Helmut Mair