KEN
mal eben die Welt retten
Er bringt alle zur Verzweiflung. Dabei entspringen seine Handlungen einer guten Absicht. Er möchte Schlimmes verhindern. In symbolischen Aktionen versucht KEN drohendes Unheil und Katastrophen abzuwehren. Viele empfinden aber genau dies als die eigentliche Katastrophe.
Vor der Versteppung Mitteleuropas rettete KEN uns alle im Dürrefrühjahr 2012, indem er ein von Angie Beyer an ein Holzkreuz im Ateliergarten montiertes, bunt bemaltes „Wetterhäuschen“ entwendete und in seinem Zimmer feinsäuberlich in alle erdenklichen Einzelteile zerlegte. Mit Erfolg! Es folgte ein verregneter Sommer. Kein Buch, das er je in der Hand hielt, weist noch ein Copyright auf. Früher hat er die Seiten herausgerissen. Nach deutlichen Protesten fand er eine subtilere Strategie. Bushaltestellen und andere Unorte beglückt er mit rituellen Aussaaten und Pflanzungen. Vor langer Zeit war da auch schon einmal illegales Saatgut dabei. „Ölfarbe statt Lammblut“ nahm er, um böse Geister von allen Türen der weitverzweigten psychiatrischen Einrichtung fernzuhalten. Spuren dieser Rettungsaktion sind noch heute bei Vitos Rheingau zu entdecken. Die „Waschbeckenregung“ befreite zwar das in Leitungen eingesperrte Wasser, überflutete aber auch so einiges. Diese und viele weitere Rettungsaktionen lassen in der Tat die Frage aufkommen, ist das nicht bloßer Vandalismus?
Die an Hochschulen viel beschworene „Innere Notwendigkeit“, aus der ein Werk entspringen sollte, bekommt in seinem Tun eine andere Bedeutung. Und als Werk im künstlerischen Sinne ist es ja auch nicht gedacht.
Mancherlei Bedenken zum Trotz haben wir einige seiner permanent angelegten Weltüberlebensstrategien wie auch zwei klassische bildnerische Produkte in diesen Band aufgenommen. In seinem „Rettungsprojekt gegen den Suggestivtod“ etwa entfernt er bei allen im Gebrauch befindlichen Zigarettenschachteln die Warnhinweise, oft mit dem einzigen verfügbaren Werkzeug, seinem Daumennagel: „Es kann ja immer passieren, was darauf geschrieben steht, und man sollte nichts beschwören.“
© Vitos Rheingau Atelier + Helmut Mair